Außergewöhnliche Belastungen - Zumutbare Belastung bei Krankheitskosten verfassungsgemäß
Hintergrund
Beiträge des Steuerpflichtigen für seine (Basis-)Krankenversicherung sind unbeschränkt als Sonderausgaben abzugsfähig. Jedoch fallen darunter nur solche Ausgaben, die im direkten Zusammenhang mit der Erlangung des Vesicherungsschutzes stehen.
Insofern dies nicht der Fall ist, können weitere Krankheitskosten als sogenannten außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden. Unter den Begriff der außergewöhnlichen Belastungen fallen zum Beispiel Ausgaben für die Zahnreinigung, Zweibettzimmerzuschläge oder Zuzahlungen für Medikamente, soweit sie nicht von der Krankenkasse übernommen bzw. erstattet werden. Der Gesetzgeber mutet hier jedem Steuerpflichtigen eine zumutbare Belastung zu (abhängig vom Einkommen, Familienstand und Zahl der Kinder), die durch die Kosten erst überschritten werden muss damit sich ein Ansatz steuermindernd auswirkt. Im Fall, den der BFH zu klären hatte, war strittig ob diese auch für Krankheitskosten gilt.
Ansicht des Bundesfinanzhofs
Die steuerpflichtigen der entschiedenen Streitfälle argumentierten, dass ihre Krankheitskosten von Verfassung wegen ohne Berücksichtigung einer zumutbaren Belastung abzuziehen seien. Sie beriefen sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, welches klar stellte dass Krankenversicherungsbeiträge Teil des einkommensteuerlich zu verschonenden Existenzminimums seien. Analog müsse dies jedenfalls auch für Praxis- und Rezeptgebühren gelten, so die Kläger. Der Bundesfinanzhof teilte diese Ansicht jedoch nicht.
Bei Krankheitskosten (inkl. der Praxis- und Rezeptgebühren) auf den Ansatz der zumutbaren Belastung zu verzichten, ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Zum verfassungsrechlicht zu achtenden Existenzminimum, das sich gründsätzlich nach dem niedergelegten Leistungsniveau des Sozialhilferechts richtet, gehören solche Zuzahlungen nicht. Denn auch ein Sozialhilfeempfänger habe diese zu leisten.
Beachten Sie
Grundsätzlich mag eine Zuzahlung zwar dann nicht mehr zumutbar sein, wenn dadurch in das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminium eingegriffen wird. In den Streitfällen war das aber angesichts der Einkünfte und deren Aufwendungen in Höhe von 143 EUR und 170 EUR nicht der Fall. Ob etwas anderes gilt wenn der Steuerpflichtige Zuzahlungen in einer Höhe leisten muss dass dadurch das zu versteuernde Einkommen und der Grundfreibetrag (8.652 EUR in 2016) unterschritten wird, konnte der Bundesfinanzhof somit offen lassen.
Quelle: BFH-Urteil vom 02.09.2015, Az. VI R 33/13, BFH-Urteil vom 02.09.2015, Az. VI R 32/13
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