Erleichterte Feststellung von Verlustvorträgen wirkt sich vor allem bei Berufsausbildungskosten aus
Ausbildungskosten
Vor allem für Steuerpflichtige die sich gerade in einer Ausbildung befinden oder ihre Ausbildung vor kurzem abgeschlossen haben, hat dieses Urteil große Bedeutung. Regelmäßig werden in der Ausbildungszeit nur sehr geringe Einnahmen erzielt, was unter Berücksichtigung der Werbungskosten oftmals zu vortragsfähigen Verlusten führt, die sich in den Folgejahren steuermindern auswirken.
Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder sein Studium sind nach derzeitiger Rechtslage jedoch nur dann abzugsfähig, wenn diese im Rahmen einer Zweitausbildung anfallen bzw. wenn der Steuerpflichtige bereits eine Berufsausbildung oder ein Studium absolviert hat oder diese im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses anfallen. Andernfalls können die Kosten nur als (nicht vortragsfähige) Sonderausgaben, bis zu einer Höhe von 6.000 EUR pro Kalenderjahr, abgezogen werden. Ein Erststudium gilt mit erlangen des Bachelors als abgeschlossen. Somit kann ein Masterstudium jederzeit als Zweitstudium anerkannt werden.
Der Bundesfinanzhof vertritt aktuell die Auffassung, dass Berufsausbildungskosten grundsätzlich beruflich veranlasst sind und somit von Anfang an als Werbungkosten zu berücksichtigen sind. Demzufolge hat er die Frage, ob die gesetzliche Regelung verfassungswidrig ist, dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.
Praxishinweis
Wurde in den Vorjahren keine Einkommensteuererklärung abgegeben und ist die Feststezungsverjährung für die Veranlagung bereits eingetreten, können die anfallenden Verluste im Rahmen der Verlustfestestellung noch beantragt werden, sofern diese noch innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist liegen. Sollte das Bundesverfassungsgericht der Auffassung des BFH folgen und die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung bejahen, könnten vor allem auch Steuerpflichtige mit Erstausbildung davon profitieren.
Nichtanwendungsgesetz
Obwohl das Urteil des Bundesfinanzhofs erst am 29.04.2015 veröffentlich wurde, hat der Gesetzgeber bereits ein Nichtanwendungsgesetz im Gespräch. Danach soll für Jahre in denen kein Einkommensteuerbescheid existiert (und wegen Festsetzungsverjährung auch nicht mehr erlassen werden kann) auch kein Verlustfeststellungsbescheid mehr ergehen dürfen. In seiner Stellungnahme zum "Jahressteuergesetz 2016" hat der Bundesrat diesen Vorschlag geäußert. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Quelle: BFH-Urteil vom 13.01.2015, Az. IX R 22/14; Az. beim BVerfG u.a. Az. 2 BvL 23/14, Az. 2 BvL 24/14; Bundesrat, Drs. 121/15 (B) vom 08.05.2015
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