Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung
Zum Hintergrund
Der Bundesfinanzhof stellte in seiner langjährigen Rechtsprechung immer wieder klar, dass Zivilprozesskosten - mit Ausnahme von Scheidungskosten - als außergewöhnliche Belastung nicht berücksichtigungsfähig sind.
Durch eine in 2011 erfolgte Änderung seiner bislang geltenden Rechtsprechung, entschied der BFH jedoch das Zivilprozesskosten doch als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige beweisen kann, dass die Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg trägt und nicht nur mutwillig erscheint.
Diese kontra-fiskalische Rechtsprechung hat der Gesetzgeber durch entsprechende Gesetzesänderung ausgehebelt. Der entsprechende Wortlaut des Gesetzes, der mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2013 eintritt, heißt nun: "Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.“
Es ist nun fraglich ob
- durch diese Neuregelung "lediglich" die Rechtslage vor der günstigen Rechtsprechung des BFH für den Steuerzahler wieder hergestellt werden soll oder
- damit auch die Ausnahme für die Berücksichtigung von Ehescheidungskosten entfällt.
Entscheidung des Finanzgerichts
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz macht in seiner Entscheidung deutlich, dass die Prozesskosten für eine Ehescheidung trotz der Neuregelung weiterhin als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Basis dafür bietet die seit 2010 geltende Rechtsprechung des BFH an die der Gesetzestext in seiner Formulierung exakt anknüpft. Daraus folgerten die Richter dass der Gesetzgeber grundsätzlich keine Neuausrichtung wünscht sondern die bis Dato zugrunde liegenden Wertungen beibehalten und in das Gesetz einfliesen lassen wollte.
Unter "Verlust der Existenzgrundlage" ist auch der durch eine zerrüttete Ehe ohne Scheidung anzunehmende Verlust der seelischen Existenzgrund zu verstehen. Dadurch bejaht sich grundsätzlich die Zwangsläufigkeit bei Ehescheidung.
Nicht (mehr) als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind dagegen die (prozessualen) Kosten für die Scheidungsfolgesachen (wie zum Beispiel Unterhalt, Sorgerecht, Umgangsrecht), da der Steuerpflichtige diesen Kosten u.a. dadurch vermeiden kann dass er die Einbeziehung der Folgesachen in den Scheidungsverbund nicht beantragt.
Praxishinweis
Für die Veranlagungszeiträume ab 2013 sollten Scheidungskosten grundsätzlich auch weiterhin als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Da die Finanzverwaltung aktuell den Ausgang des Revisionsverfahrens abwarten will und deshalb die Aufwendungen vorerst nicht berücksichtigen wird, sollte unter Hinweis auf das anhängige Verfahren Einspruch eingelegt und Ruhe des Verfahrens beantragt werden.
Grundlegend ist zu beachten dass außergewöhnliche Belastungen sich nur dann steuerlich auswirken wenn die im Gesetz definierte zumutbare Belastung überstiegen wird. Die Höhe der zumutbaren Belastung hängt dabei von den Faktoren Gesamtbetrag der Einkünfte, Anzahl der Kinder und Familienstand ab.
Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014, Az. 4 K 1976/14, Rev. BFH Az. VI R 66/14
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